Barbecue fasziniert mich nun schon einige Zeit, eigene Versuche sind bislang aber am fehlenden Equipment gescheitert. Ein Grill, der sich zum langsamen Garen und Smoken eignet, kostet ja doch einiges. Deswegen war ich komplett begeistert, als ich Barbecue Point entdeckte, ein Geschäft bei Gerasdorf in der Nähe Wiens, das nicht nur Smoker und Grills verkauft, sondern auch zum Verleih anbietet. Das Geschäft ist aus Wien kommend öffentlich recht passabel erreichbar, ein Auto schadet aber nicht.
Mit den herzlichen Betreibern von Barbecue Point habe ich mich darauf geeinigt, einige der tollen Stücke in ihrem Sortiment zu testen. Hilfreich zur Seite gestanden ist mir dabei mein Bruder (danke!). Den Anfang macht der Primo Oval Grill, ein schwarzer, schwerer Keramikgrill, der sich wirklich herrlich zum langsamen Garen und Smoken von Grillgut eignet. Trotz seines Gewichts von 80kg ist der Grill erstaunlich kompakt und transportfähig. Die zwei Metallablagen sind einklappbar und 4 Rollen helfen ein bisschen beim Rumtragen. Unten vorne am Primo befindet sich eine Schiebeöffnung, durch die sich gemeinsam mit der Lüftung oben die Temperatur im Grill regeln lässt. Ein Thermometer vorne am Grill zeigt die Innentemperatur an, ich empfehle euch aber zusätzlich weitere Thermometer um die Fleischtemperatur zu messen (gibt es ganz billig beim schwedischen Möbelhaus).
Es schadet nicht, sich vor dem ersten Grillversuch mit dem Keramikgrill ein bisschen schlau zu machen, es gibt doch ein paar Eigenheiten, auf die man aufpassen muss – auch wenn der Grill insgesamt recht einfach zu bedienen ist, sobald man den Dreh mal raus hat. Wir haben bei unseren Recherchen einige sehr liebevolle und ausführliche Youtube-Videos entdeckt, die uns mit vielen wichtigen Infos versorgt haben. Barbecue Point bietet übrigens auch einen tollen Rundum-Service: man kann sich jederzeit an ihre Hotline wenden, wenn man Hilfe und Tipps braucht, auch am Wochenende und an Feiertagen.
Ein paar unserer Erkenntnisse zur Handhabung des Keramikgrills in komprimierter Form:
- Den Deckel des Grills niemals aufreissen, wenn der Grill aufgeheizt ist. Immer erst vorsichtig einen Spalt breit öffnen, um langsam Luft hinein zu lassen, und dann erst ganz öffnen. Ansonsten bekommt die heiße Glut zu schnell sehr viel Sauerstoff und kann sich entzünden.
- Das Anheizen des Grills geht sehr schnell, in 15-20 Minuten ist die Glut da. Bis der Grill auf die gewünschte Temperatur kommt, dauert es aber trotzdem. Wir haben bei unseren Versuchen immer ca. 1 Stunde gebraucht, bis wir die gewünschten ~130°C erreicht hatten. Auf 400°C (die der Grill wohl maximal erreichen kann) sind wir übrigens nie gekommen.
- Die Glut ist genauso schnell aus, wie sie an ist. Einfach Deckel zu und alle Öffnungen zu machen, nach 15 Minuten ist die Glut aus. Der Keramikgrill hält die Hitze aber wirklich gut, es dauert trotzdem ein paar Stunden, bis er sich akzeptabel abkühlt. Und passt auf, wenn ihr den Deckel zwischendurch aufmacht, kann die Glut sich ganz leicht wieder entfachen. Das ist uns beim 1. Mal passiert, als wir neugierig nachgeschaut haben ob die Glut aus ist, uns gefreut hatten und plötzlich feststellten, dass es doch wieder anfängt rot zu leuchten.
- Reinigen lässt sich der Grill wirklich einfach, die Asche einfach aussaugen, die Kohle kann man wieder verwenden. (Auch dazu gibt’s ein Video.)
Unseren allerersten Grillversuch haben wir mit Spareribs gestartet. Gleich zu Beginn festgestellt: Das Thermometer am Grill ist verstellt (und deswegen erstmal mit externem Thermometer provisorisch geholfen). Das passiert relativ leicht, lässt sich aber auch gut wieder richten. Wir haben es einfach auf die herrschenden 35°C Außentemperatur eingestellt. Genauer wird es natürlich, wenn man das Thermometer mit kochendem Wasser (100°C) kalibriert. Übrigens sehr toll bei diesem Keramikgrill: zwischen Kohle und Grillgut wird eine schützende Platte eingelegt, somit kann nichts vom Fleisch runtertropfen, in der Glut verbrennen und schädliche Stoffe freisetzen. Wir haben zusätzlich noch eine Edelstahlschüssel mit Wasser auf die Platte gestellt. Der Dampf unterstützt die Saftigkeit des Fleisches und das Wasser verwandelt sich mit der Zeit in herrlichen Bratensaft.
Auch ein toller Tipp, über den ich im Grillsportverein-Forum gestolpert bin: das allseits bekannte schwedische Möbelhaus ist eine tolle Quelle für günstiges Edelstahlzubehör, das sehr nützlich beim Grillen sein kann. Ich habe mir folgendes zugelegt: Fleischthermometer, Deckelhalter (das geniale Gerät auf dem Bild oben, das meine Spareribs so effizient schichtet) und verschiedene Edelstahlbratpfannen als Wasserschale unterm Rost für besseres Grillklima. Außerdem hilfreich sind Grillpinsel (Edelstahl/Silikon mit langem Griff) um Sauce aufzutragen und ein guter Grillhandschuh (meiner ist aus Leder und hat Finger, find ich sehr handlich).
Mit dem Primo kann man direkt und indirekt grillen. Da er durch seine dicke Keramik-Außenwand die Temperatur über Stunden wunderbar stabil halten kann, ohne einen großen Kohleverbrauch zu haben, wollten wir unbedingt genau diese Stärke austesten. Natürlich ist ein indirekt gegartes Stück Fleisch nicht in 10 Minuten fertig, auch nicht in einer Stunde. Für diese Grillart sollte man viel Zeit und Geduld mitbringen, dafür wird man aber mit wirklich außergewöhnlichen Ergebnissen belohnt.
Die Spareribs habe ich am Vorabend mit einer fruchtigen Gewürzmischung (Rub) eingerieben (die es sogar schon auf meinem Blog gibt). Auf den Keramikgrill kommen sie für ca. 4 Stunden bei 130°C, zu Beginn werden noch Woodchips in die Glut gestreut, um ein schönes Raucharoma an das Fleisch zu bekommen. Welche Sorte Woodchips man nimmt ist Geschmackssache und muss man selbst rausfinden. Wir haben einfach mal eine Auswahl an verschiedenen Holzsorten gekauft und probieren uns durch (Cherry fand ich zu der Gewürzmischung schon mal nicht schlecht). In der letzten Stunde habe ich die Spareribs mit einer süßen Senfsauce (selber Blogeintrag) bestrichen. Die Sauce ist denkbar einfach und unglaublich effektiv, die Rippchen schmecken intensiv würzig-süß und haben eine grandios knusprige Außenschicht. Das Fleisch innen ist dabei so zart, dass es sich von allein vom Knochen löst. Einfach herrlich!
Nachdem die ersten Tests mit Spareribs gut verliefen, haben wir uns an ein größeres Projekt gewagt: Pulled Pork. Ein ordentliches Pulled Pork vom Grill zu machen ist schon lange ein Traum von mir. Ich liebe den komplexen Geschmack des Fleisches, den es durch die intensive Würzung und das lange Räuchern bekommt. Ich habe zwar schon versucht Pulled Pork im Ofen nachzuahmen – aber es bekommt einfach nicht diesen intensiven Geschmack wie vom Grill.
Wenn man es ganz richtig machen will, sollte man schon mit so 14 Stunden Arbeit rechnen. Dafür fehlt mir leider ein bisschen die Infrastruktur, ich kann den Grill nicht unbeaufsichtigt lassen. Deswegen haben wir uns von einer „schnelleren“ Variante aus dem Grillsportverein-Forum (eine Goldgrube!) inspirieren lassen, bei der das Fleisch vakuumiert im Wasserbad fertig gegart wird. Selbst da muss man mit mindestens 6 Stunden Garzeit rechnen, bei uns war es schließlich nach ca. 8 Stunden perfekt. Wichtigste Regel: nicht in Panik geraten. Wenn das Fleisch mehr Zeit braucht, dann bekommt es mehr Zeit. Nur so wird man mit tollem Essen belohnt.
Die Vorbereitungen starten schon am Vortag. Ich habe aus braunen Zucker, weißen Zucker, Paprikapulver, schwarzen Pfeffer, Salz, Rosmarin und frischen Knoblauch eine Gewürzmischung zusammengestellt. Zwei je 1kg schwere Schopfbratenstücke vom Schwein wurden damit großzügig eingerieben. Dick in Klarsichtfolie eingeschlagen durften sie im Kühlschrank auf ihren großen Auftritt am nächsten Tag warten.
Eine Stunde bevor das Fleisch auf den Grill kommt, aus dem Kühlschrank holen und von der Folie befreien. Den Grill auf ca. 120°C aufheizen und Woodchips hinzufügen (wir haben mit Hickory gesmoket). Das Fleisch auf den Grill legen und bei geschlossenem Deckel ca. 2-3 Stunden langsam auf eine Kerntemperatur von 60°C bis 65°C garen. Stattet am Besten jedes Stück Fleisch mit einem Thermometer aus, dass in die dickste Stelle kommt.
Sobald die passende Kerntemperatur erreicht ist, das Fleisch aus dem Grill nehmen und vorsichtig vakuumieren. In einen Bräter mit Wasser legen und im Ofen auf eine Kerntemperatur von mindestens 91°C bis 95°C bringen (dauert ca. 3-4 Stunden). Das geht am Besten bei einer Wassertemperatur von ca. 95°C (das Wasser darf nicht kochen!) und einer Ofentemperatur von ca. 100°C bis 120°C. Eventuell müsst ihr den Ofen auch stärker aufdrehen, kommt ganz auf den Ofen an.
Leider habe ich vergessen Fotos vom vakuumierten Pulled Pork zu machen, weil es noch so viele andere Leckereien gab, die wir an dem Tag auf den Keramikgrill brachten (war ja klar, dass 2kg Pulled Pork in einer Grillfeier enden, oder?). Das ist nämlich das tolle einerseits am Primo, andererseits an dieser speziellen Garmethode des Pulled Pork: es bleibt Zeit und Platz noch weiter zu smoken. In unserem Fall: so viele Spareribs wie irgendwie Platz hatten (weil die schon bei den ersten beiden Versuchen so herrlich waren) und ein Stück Putenpastrami, dass einen leckeren Aufschnitt ergibt (und sicher auch am nächsten Tag noch kalt gut wär, wenn was übrig bleiben würde).
Hier ist übrigens der lederne Grillhandschuh im Einsatz. Der Griff vom Keramikgrill war nie zu heiß zum Anfassen, trotzdem ist es angenehmer mit Handschuh. Und im Grill braucht man ihn sowieso (zum Beispiel zum Grillrost verschieben).
Das fertige Pulled Pork aus dem Vakuumbeutel schneiden, dabei vorsichtig sein, damit ihr den herausgetretenen Fleischsaft nicht verliert. Mit zwei Gabeln das Fleisch grob auseinanderpflücken. Das geht ganz einfach, weil das Fleisch so zart ist, dass es praktisch von allein auseinander fällt. Es sind auch keine Flachsen oder Fettreste mehr vorhanden, die sind komplett geschmolzen und ins Fleisch übergegangen. Den Fleischsaft untermischen.
Zum Pulled Pork habe ich meine Lieblingsbuns serviert, diesmal aus einer Dinkel/Dinkelvollkorn-Mehlmischung, was wunderbar geschmeckt hat. Dazu gabs meinen bunten Coleslaw und eine herrliche Barbecue-Sauce von Jamie Oliver, die ich bereits bei meinen Spareribs ausprobiert habe.
Absolut genial. Wirklich, die Arbeit zahlt sich aus. Wobei Arbeit ist es eigentlich gar nicht so sehr, wenn der Grill mal steht und man nur noch bei herrlichstem Sommerwetter im Schatten chillt, ein Buch liest und sich auf ein tolles Essen freut. Danke an Barbecue-Point für die Untersützung!
Hier das kompakte Rezept für ein Pulled Pork vom Grill:
- 6EL brauner Zucker
- 6EL weißer Zucker
- 4EL Paprikapulver
- 1EL schwarzer Pfeffer
- 4EL Salz
- 1EL Rosmarin gerebelt
- 4 Knoblauchzehen
- 2x1kg Stücke Bio-Schweinsschopf
- Zucker, Paprikapulver, Pfeffer, Salz und Rosmarin fein mörsern. Den Knoblauch fein hacken und untermischen. Das Fleisch trockentupfen und großzügig mit der Gewürzmischung (Rub) einreiben. Gut in Klarsichtfolie einschlagen und in einer Schüssel über Nacht marinieren (am Besten 24 Stunden).
- Eine Stunde bevor das Fleisch auf den Grill kommt, aus dem Kühlschrank holen und von der Folie befreien. Den Grill auf ca. 120°C aufheizen. Das Fleisch auf den Grill legen und bei geschlossenem Deckel ca. 2-3 Stunden langsam auf eine Kerntemperatur von 60°C bis 65°C garen.
- Sobald die passende Kerntemperatur erreicht ist, das Fleisch aus dem Grill nehmen und vorsichtig vakuumieren. In einen Bräter mit Wasser legen und im Ofen auf eine Kerntemperatur von mindestens 91°C bis 95°C bringen (dauert ca. 3-4 Stunden). Das geht am Besten bei einer Wassertemperatur von ca. 95°C (das Wasser darf nicht kochen!) und einer Ofentemperatur von ca. 100°C bis 120°C. Eventuell müsst ihr den Ofen auch stärker aufdrehen, kommt ganz auf den Ofen an.
- Das fertige Pulled Pork aus dem Vakuumbeutel schneiden, dabei vorsichtig sein, damit ihr den herausgetretenen Fleischsaft nicht verliert. Mit zwei Gabeln das Fleisch grob auseinanderpflücken. Fleischsaft untermischen.
- Das Pulled Pork mit Burgerbuns, Barbecuesauce und Coleslaw servieren.
Michael
Written on 21. Januar 2017
Sieht wirklich alles sehr lecker aus, was ihr da auf dem Grill gesmokt habt. Den Rub werde ich auf jeden Fall auch mal testen.
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Kerstin
Written on 25. August 2015
Wow, das sieht super lecker aus. Ich wünschte ich wäre dabei gewesen. :-)